Fundstücke
Von der Zivilisation vergessen ruhen die Überreste menschlichen Fortschrittglaubens
seit Ewigkeiten auf ihren Friedhöfen; im Erdreich eingebettet und von
Pflanzen überwuchert verweilen sie in verwilderten Gärten, an Stränden,
auf Schrottplätzen oder stillgelegten Industrieanlagen. Dort liegen sie
allgegenwärtig und unbeachtet. Angepasst an ihre Umgebung werden sie
nicht mehr wahrgenommen. Dort werden sie als Schrott bezeichnet: rostig, zerbrochen,
verbogen, dreckig, nutzlos.
Ich suche und finde sie: Ich freunde mich mit ihnen an und nehme sie mit zu
seinen Artgenossen in mein Fundstücklager. Es kommt die Zeit, da nehme
ich eines heraus, kombiniere es je nach dem mit wenigen oder auch vielen seiner
Freunde; ein Kunstobjekt entsteht.
Meine Arbeit ist die mit einem Archäologen vergleichbar, der ausgegrabene
Scherben solange miteinander kombiniert bis sich ein „Ganzes“ ergibt,
mit dem Unterschied, dass mein geschaffenes „Ganzes“ noch nie als
solches existierte. Der Prozess der Arbeit verselbständigt sich, das Kunstobjekt
wächst von alleine. Die einzelnen Teile wachsen zusammen. Meine Arbeit
ist die des kreativen und handwerklichen Zusammenfügens. Das Werk ist fertig,
wenn es „stimmt“.
(Odo Rumpf, 1992)
|